Ausgewählte Gedichte und Bibliografie des Werks von Thea Uhr
Die Dichterin Thea Uhr ist eine der wenigen Literaturschaffenden aus der Zentralschweiz, die sich vor allem auf hochdeutsche Lyrik konzentrierte. Sie verfasste zwar immer wieder auch Werke in der Schweizer Mundart, das waren aber mehr humoristische Stücke für private Anlässe. Ihre lyrischen Werke sind von präziser, kraftvoller, schlichter, kondensierter Wortgewalt, die nie schwülstige oder kitschige Anklänge hat.
„Ich schreibe Gedichte aus Freude an der Sprache“, schrieb sie kurz vor ihrem Tod in der Zeitschrift Ferment (Ausgabe 4/2012), „um Freude weiter zu schenken oder um Erlebtes zu verarbeiten. Wenn meine Gedanken in eine Form gegossen, verdichtet sind, gewinne ich Abstand, auch vom Schweren.“
Ihre Gedichte drücken aber nicht nur Melancholie, sondern vor allem unbesiegbare Hoffnung, die Heilkraft des Widerstands und eine grosse Liebe zu Natur und unterdrückten Menschen aus.
Einsichten in Thea Uhrs Werk von Franziska Greising
Ausgewählte Lyrik
Aus „Windvogel“ (1987)
Du müsstest
vorübergehen
und die Augen
schliessen
Denn meine
Sonne
leuchtet
die Schatten aus
Aus: „Jahrschnüre“ (1990)
Mitternacht
Ich knüpfe
die Stunden
um Mitternacht
an einen
Mondlichtsaum
Sie hangen schwer
voll hartem Sand
Aus Sand
wird Glas
Aus Angst
wird Traum
Die Mondfrau
lässt mich ein
Aus: „Filigran“ (1997)
Hängemattenlied
Schwebend zu liegen
im atmenden Netz
Im Schleier
der kosenden Luft
Im leichten Spiele
von Spannung und Flucht
mit sicher verknoteter Kraft
Einmal gelöstes
traum-lichtes Sein
Einmal gehalten
und leicht
Aus: „Mosaik“ (2006)
(Dieses Gedicht verfasste Thea Uhr in Gedanken
an die Verwüstung von New Orleans durch
Hurrikan Katrina im Jahr 2005)
In der Wasserwüste
Und hatte kein Wasser
am Abend zuvor
Kein Wasser am Morgen
Nur Tränentropfen
dem Wiegenkind
ohne Bett
Gegen trockene Lippen
nur die
schwappende Brühe
um den geschundenen Fuss
An den Zehen
saugen der Mutter
darfst du
mein Kind
bevor wir sterben
im Schlamm
Aus: „Innenhof“ (2002)
Schnurspiel
Vier Finger
halten die Welt
Aufgespannt sind
Flüsse und Meere
Geordnet
die Strassenschnur
Ich greife ins Netz
Erschaffe verändernd
eine Insel
für mich
Aus: „Hinüberland“ (2009)
Das Staunen
Das Staunen liegt
wie ein Blumenbeet
verletzlich im Gras
Wie helle Steine
lege ich Worte
als schützenden Zaun
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Lesen Sie hier eine Würdigung von Thea Uhrs Lyrik durch Pirmin Meier.
Titel (Lyrik) |
Jahr | Verlag | Illustrationen |
Windvogel | 1987 | Cantina-Verlag, Goldau | Zeichnungen: Peter Uhr |
Jahrschnüre | 1990 | Muot Verlag, Stans | Zeichnungen: Irène Vogel |
Mäander | 1994 | Verlag Bücher von Matt, Stans | Bilder: Franz Troxler |
Filigran | 1997 | Verlag Bücher von Matt, Stans | Bilder: Franz Troxler |
Innenhof | 2002 | Verlag Bücher von Matt, Stans |
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Mosaik | 2006 | Verlag Bücher von Matt, Stans | Bilder: Peter Uhr |
Hinüberland | 2009 | Edition Klaus Isele, Eggingen | Titelbild: Peter Uhr |
Prosa: “Wir waren sieben” |